Selbstschutz für Mädchen und Frauen
Was ist Selbstschutz?
Was bedeutet Selbstschutz und worin liegt der Unterschied zur „reinen“ Selbstverteidigung? Selbstverteidigung bezieht sich ausschließlich auf den körperlichen Aspekt und ist praktisch nur ein Teil des Selbstschutzes. Beim Selbstschutztraining werden auch Situationen mit einbezogen, bei denen es nicht zu direkten, harten körperlichen Übergriffen kommt, die aber dennoch die betroffene Person auf emotionaler und psychologischer Ebene angreifen. Ein körperlicher Angriff ist auf Grund seiner extremen Grenzüberschreitung leichter als Angriff zu bewerten und dementsprechend sind körperliche Gegenmaßnahmen dafür auch eindeutiger zu erlernen und für das Opfer bedenkenloser zu rechtfertigen. Doch der überwiegende Anteil von kritischen Situationen besteht nicht in harten körperlichen Übergriffen, sondern in verbalen, emotionalen so wie berührenden Grenzüberschreitungen. Es sind die starrenden Blicke an der Bushaltestelle. Es gibt inakzeptable Kommentare von Fremden, wenn man auf dem Schulweg ist. Hinzukommen körperliche Berührungen in öffentlichen Verkehrsmitteln und viele ähnlich Situationen. Solche Situationen dauern oft nicht lange an und hinterlassen keine körperlichen Schäden. Und dennoch belasten sie das emotionale und psychische Gleichgewicht oft lange. Behandelt man solche Ereignisse gleichgültig können Verhaltensmuster, Denkweisen, Haltungen und Hemmungen entstehen und verfestigt werden, welche auf längere Sicht Opfermerkmale fördern und im schlimmsten Fall in entscheidenden Situationen die Selbstverteidigungsfähigkeit und Bereitschaft stark einschränken.
Das angebotene Selbstschutztraining setzt also nicht nur beim Täter an, in dem Selbstverteidigungstechniken erlernt werden, sondern vermittelt auch Fähigkeiten, wie man sich selbst aus der Opferrolle bringen kann. Dazu werden Grundlagen der Gewaltdynamik, der verschiedenen Arten von Gewalt und Wissen über Täter- und Opferprofile vermittelt. Eine wichtige Ergänzung bildet das Unterrichtsmodul über die Wahrnehmung der eigenen Grenzen und Hemmungen und das daraus resultierende gewahr werden von Gefahrensituationen. Wie kann ich Gewalt vermeiden? Wie kann ich es vermeiden ein Opfer zu sein? Dies sind zentrale Fragen, welche beantwortet werden müssen. Deshalb sind Themen wie Orte der Gewalt, Angst-, Stress- und Gefahrenmanagement ergänzende Bausteine für ein fundiertes Selbstschutzkonzept. Dabei ist bei diesen Themen ein sensibler Blick auf die individuellen Eigenschaften der Teilnehmerinnen entscheidend. Anhand vieler Beispielsituationen aus dem Alltag werden wir mit Rollenspielen gemeinsam Strategien zur Vermeidung finden. Aber es werden dabei auch eigene negative Verhaltensweisen und Muster analysiert und enttarnt.
Zum Schwerpunktthema einer jeden Unterrichtseinheit gibt es ein passendes Handout. Selbstverständlich werden in jeder Stunde auch ausführlich Selbstverteidigungstechniken geübt. Dazu gehören einfache, aber effiziente Schlag- und Trittkombinationen sowie Kontertechniken. Am Dummy werden die Trefferzonen geübt, bevor ihr eine erste große Herausforderung stemmen müsst: Ein Trainer in Schutzausrüstung simulierte Angriffe und ihr werdet so zum ersten Mal die Erfahrung machen, wie es ist wirklich mit einem Fremden zu „kämpfen“. Im Ernstfall ist es nämlich ein großer Schritt seine Hemmungen zu überwinden und tatsächlich zuzuschlagen. Um auch hier nicht durch unnötige Zweifel gehemmt zu sein, wird die Rechtslage für Notwehrsituationen im Vorfeld eingehend besprochen.
Durch den systematischen Aufbau des Kurses über Theorie, Praxis und Rollenspiele verschiedener Intensitäten werdet ihr Schritt für Schritt auf den Stresstest (Abschlußparkour) in der letzten Kurseinheit vorbereitet. Dieser Stresstest beinhaltet verschiedene Situationen unterschiedlicher Anforderungsstufen und Themenbereiche des Kurses. So wird zum Abschluss das Vertrauen in die erlernten Fertigkeiten gestärkt.